Das österreichische bauwirtschaftliche Vertragswesen ist bezogen auf die Vertragsverhältnisse zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern (ebenso wie bei Generalunternehmer- oder Subunternehmerverträgen) gekennzeichnet von der Inanspruchnahme zwar weniger Vertragstypen (hauptsächlich Einheitspreisvertrag oder Pauschalvertrag bei konstruktiver oder funktionaler Leistungsbeschreibung), jedoch von einer enormen Vielfalt unterschiedlicher Vertragsformulierungen oder Vertragsbestimmungen. In vielen Fällen wird die ÖN B 2110 (Allgemeine Vertragsbestimmungen für Bauleistungen – Werkvertragsnorm) im Bauvertrag vereinbart, aber häufig abgeändert oder unüberlegt und unabgestimmt vermengt mit weiteren (selbst erstellten) Bestimmungen. Sittenwidrige oder harte, an der Grenze zur Sittenwidrigkeit liegende Bedingungen wie auch Regelungslücken, Mehrfachregelungen und Widersprüche sind in zahlreichen Bauverträgen vorzufinden. Dazu kommen noch die Werkvertragsbestimmungen unseres Zivilrechtes (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch - ABGB), welche (i.d.R. in den Verträgen nicht extra erwähnt) grundsätzlich immer Geltung haben.

Die Beurteilung von bauvertraglichen Fragestellungen stellt sich häufig als äußerst anspruchsvolle Aufgabe dar, erschwerend treten hinzu die (fast immer) vorkommenden Bestellungsänderungen, Zusatzbestellungen und unerwarteten Baustellensituationen (Behinderungen, Erschwernisse, geänderte Bauablaufe, etc.), sowie die erst während der Bauausführung entstehenden Dokumente (Schriftverkehr, Besprechungsprotokolle, Bautagesberichte, Nachtragsangebote, Mehrkostenforderungen, Kalkulationen, Planänderungen, etc.) von unterschiedlicher Klarheit bzw. Qualität.

Seltener findet man in Österreich Vertragsmodelle wie Mengengarantieverträge, anlassbezogene Mischtypen aus Einheitspreis/Pauschalpreis/Mengengarantie/ Regieverträgen sowie aus anderen Ländern nach Österreich eingeführte Modelle wie etwa GMP-Verträge (garantierter Maximalpreisvertrag).

Die nicht minder bedeutsamen Verträge bzgl. der geistigen Bauleistungen (Architekturplanung, örtliche Bauaufsicht, Ingenieurkonsulentenleistungen wie etwa Statik/Bauphysik/Haustechnik, Bauarbeitenkoordination lt. BauKG, Projektsteuerung, begleitende Kontrolle, Generalplanerleistungen) sind i.d.R. klarer gefasst, doch trifft man auch hier immer wieder auf undeutlich beschriebene Leistungsanforderungen. Auch hier gilt es aufzuklären, was denn nun Vertragsinhalt ist und zu welchem Preis die ursprünglich bestellten und ausgeführten als auch die zusätzlich erbrachten Leistungen zu vergüten sind.